Was von der Liebe übrigblieb
12.06.2007 12:32 Uhr
oder wie es dazu kommen kann, dass sich zwei Menschen wieder verlieren die sich doch für so kurze Zeit so wichtig waren
Da stand sie, halbnackt und streckte ihm ihre nackten Schultern entgegen, sie versuchte ihre dünnen Arme um ihn zu legen, doch er zuckte zurück vor ihrer Bewegung, er trat einen Schritt zurück, betrachtete sie.
Ihr dünnes Nachthemd stand ihr nicht, es war beige, sie war viel zu blass dafür und dazu kam, dass sich hindurch ihre Brüste abzeichneten.
Er mochte das nicht, er liebte Geheimnisse und so würde jeder wissen, wie ihre Brüste aussahen, in seinen Augen, wirkte sie schlampig.
Sie trat zurück, verschenkte die Arme, als sie sah, auf welchem Teil ihres Körpers sein Blick verharrte. Sie lehnte sich an der Wand an und rutschte daran runter und blieb sitzen, während sie ihre Arme um ihre Beine schlang.
„Ich liebe dich“, sagte er, „aber ich bin nicht verliebt.“
Mehr war es nicht, er sagte die Sätze, dann verschwand er, schnell, wie er gekommen war. Jetzt stand er vor der Haustür des Hochhauskomplexes. Nummer 42, wie oft er hier gewesen war in der letzten Monaten. Als er gekommen war lief das Klingeln dann hochlaufen, schon mechanisch, fast wie einstudiert.
Er kramte nach seiner Schachtel. Lucky Strike, die Rettung für den Moment. Er zog das kleine Feuerzeug mit dem lächelnden Mädchen heraus, dass sie ihm geschenkt hatte und steckte sich eine an. Dann ging er los Richtung Stadt, ohne sich noch einmal umzudrehen, denn das war besser so, für sie beide.
Er war sich sicher, dass sie von oben, durchs Fenster, zu ihm runter schauen würde.
Ihr Blick wanderte zur Uhr. Eine Stunde war vergangen seit er gegangen war. Sie saß noch immer auf dem Boden, die Arme um ihre Beine gelegt, ruhend, fast erstarrt.
Ihre Augen hatte sie geschlossen gehalten, bis die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. Nun blickte sie sich um… den 2. Wohnungsschlüssel hatte er auf den Boden fallen lassen, sie schaute hinüber. Seine Worte dröhnten noch immer in ihrem Kopf, sie wollte weinen, sie müsste traurig sein, sollte sie zumindest. Doch sie spürte nichts, sie hörte nichts, in sich drin, außer das immerwährende Pochen des Herzens in ihrer Brust.
Vor den Fenstern dämmerte es bereits. Umrisse der Stadt zogen an ihm vorbei. Irgendwo im Hintergrund das kurze Aufleuchten des Fernsehturms. Er sehnte sich noch immer.
Aussteigen, Haeckescher Markt. Er ging die kleinen Gassen entlang. Die Läden ließen ihn sich an sie erinnern. Ihr Lieblingsladen, ihr Lieblingscafé, er seufzte. Viel zu viele Erinnerungen. Schöne zwar, aber zu viele, sie übermannten ihn. Er hätte sie am liebsten abgeschüttelt.
Er schloss die Tür auf, ging hoch, die paar Stufen, als er die Wohnungstür öffnete, ignorierte er die Stimme seines Mitbewohnerswie selbstverständlich.
Er wollte jetzt allein sein. Er musste.
Allein im Meer seiner Gedanken, wie ein in Not geratener, ganz so wie ein Schiffbrüchiger. In seinem Zimmer, wie ein Ozean.
Sie stand in der Küche, schaltete den Wasserkocher aus und goß das dampfende Wasser in die Tasse, die vor ihr stand. Vor 5 Monaten war sie in die kleine 2- Zimmer Wohnung eingezogen. Kurz danach hatte sie ihn kennengelernt.
Sie blicke sich um, es hätte gestern sein können, als sie mit dem ersten Umzugskarton durch die Tür gegangen war. Ein Stuhl, ein Tisch, 2 Schränke, das reichte doch und in den anderen Räumen sah es nicht komfortabler aus.
So war das Leben nun mal.
Das Radio lief, doch sie hörte nicht zu.“ What goes around comes always back around“ Musik war ihr egal, darauf kams ihr nicht an, glücklich sein, das war in ihren Augen von unsagbarem Wert und sie hatte das Gefühl, dass sie noch nie wirkliches Glück erfahren hatte.
2 Monate waren vergangen. Er hatte es endlich geschafft, fast.
Er stand im Bahnhof Zoologischer Garten an seinem Gleis, mit 2 großen gepackten Koffern neben ihm…
Er blickte sich um, das Knistern des Papiers der Fahrkarte in seiner Hand, erweckte ein glücklich zufriedenes Gefühl in ihm. Weit weg sollte es gehen… weg von ihr und all seinen Erinnerungen.
Plötzlich ein so bekannter Geruch streifte seine Nase... ihr Geruch... er wusste es genau... blickte nach links und rechts, sah eine Frau, lange Haare, viel länger als ihre, das Halstuch, was er ihr in Wien gekauft hatte... war sie es?
"Bitte alles einsteigen" - tönte es aus den Lautsprechern. Er griff nach den Taschen, stieg ein.
Zehn Minuten später saß er auf seinem Platz, den Blick starr auf das Gleis gerichtet, die Frau stand noch immer da, mit dem Rücken zu ihm...
Und dann fuhr der Zug los....
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