Die Tristesse der Melancholie
[Part 1 Tristesse - die bedrückende Ödheit, die irgendwo herrscht, wo sich nicht viel ereignet und es nur wenig Perspektiven gibt]
Ich wollte das nicht mehr tun, in diesen Club. All die Menschen. All die leeren Köpfe. Alkoholgeschwängert bewegen sie ihre leeren Körperhüllen zum wummernden Beat aus den Boxen, tanzen vergnügt, als gäbe es nichts wichtigeres als das Jetzt und Hier.
Ich kämpfe mich hindurch, werde geschoben, angerempelt, Hände verirren sich dorthin, wo sie nicht hingehören, ich halte es aus.
Dann sehe ich sie endlich, ihre Lachfalten erkenne ich sofort, sie hat sie immer, wenn sie flirtet.
Sie steht an der Bar, irgendeinen Drink in der Hand, sicher nicht selbst bezahlt, das muss sie nie. Man muss nur wissen, wie man es anstellt, wir haben es früh genug gelernt.
Du musst den Männern nur das geben, was sie denken zu brauchen. Ein verstohlenes Lächeln hier, eine kurze ungewollt wirkende Berührung und später forderndere, vielleicht noch das Zurückwerfen der Haare, wer kennt es nicht, bekannt aus diesen Hollywood-Scheiß-Filme.
Ich hasse sie, alle, kann mir diesen Scheiß nicht mehr anschauen. Diesen ganzen Müll, kann mir ihr Gehabe nicht mehr reinziehen. Aber sie hat es sich gewünscht, mich angefleht sie zu begleiten.
Ich habe mich breitschlagen lassen und stehe hier, kurz vor dem Untergang der Welt mit aufgesetztem Lächeln und viel zu kurzem Rock.
Aber ich habe keine Lust für den Mist, den sie hier servieren, auch nur einen Cent zu bezahlen. Das können schwanzgesteuerte Idioten gerne für mich übernehmen.
Immerhin bleibt dann wenigstens mein Portemonnaie unberührt. Und weil keiner weiß, was am Ende der Nacht wirklich passiert, hoffe ich darauf, dass dies auch für meinen Körper gilt.
Aber sicher kann man sich da nie sein, vielleicht liege ich auch am Ende auf irgendeinem schäbigen Sofa, einer verfluchten Klappliege oder irgendeinem anderen Bettersatz und spreize für Mike aus Berlin die Beine, der Typ der es geschafft hat mich mit seinem Geseiere augenscheinlich zu überzeugen. Leider stimmt das nie. Irgendwie ist Mike dann auch nur wieder irgend so ein Trostfick, den ich mir "gönne", in der Hoffnung irgendwas zu fühlen. Irgendwas zu spüren, während er hechelnd und dumm über mir hängt, sich geil bewegt und ich das gewohnte Gestöhne abspuhle das Männer doch hören wollen, "ah oh aah du bist so gut", völliger Mist, der aber immer wieder funktioniert. Denn schon nach nicht mal einer Minute dieser Restefick-Aktion macht sich in mir der Gedanke breit ihm seinen lächerlichen Schwanz abzuhacken, weil ich ihn nicht mehr auch nur in irgendeiner Körperöffnung haben möchte.
Meist arbeite ich einfach schnell an einem Ende, um mich zu Verpissen.
Ich ertrage keine Nähe, schon gar nicht mit den Mikes dieser Welt. Aber noch stehe ich in diesem Club, noch ist keiner dieser Mike-Verschnitte in Sicht, noch blicke ich mich einfach um, nicke ihr zu, um ihr zu zeigen, dass ich wirklich gekommen bin, auch wenn ich sie innerlich dafür verfluche. Vielleicht sage ich es ihr sogar ins Gesicht, mal wieder. Sie kennt das schon, sie weiß, wie sehr ich alles hasse, alles hier, alles in diesem Stadtteil.
Zu viele Erinnerungen, zu viel Balast.
Aber sie hängt an all dem, sie bleibt hier, beißt sich fest, Wochenende um Wochenende, flirtend, dumm vor Geilheit und Tatendrang. Irgendwann hat sie mir mal versucht zu erklären, dass sie hier hofft endlich rauszukommen, weil irgendwann jemand auf der Bildfläche erscheint, der alles verändert. Ich hätte das gerne geglaubt, ich habe es geglaubt. Bis zu diesem Punkt an dem ich mich geändert habe, sich mein Weltbild gedreht hat. Alles um mich heraum plötzlich keinen Sinn mehr ergeben hat, ergeben konnte.
[to be continued]