Mittwoch, 7. Oktober 2020

Fragmente

Nervöses Aufschrecken, verwirrtes Umblicken, kurze Angst den Ausstieg verpasst zu haben, die Stimme aus den kleinen Lautsprecherboxen verrät ihm, dass es noch dauert, bis er aussteigen muss, sein Herz rast, wird langsamer, er atmet ein, zählt, atmet aus, versucht über die Atmung den erhöhten Pulsschlag zu regulieren. Es klappt nur mäßig. Der Schock sitzt zu tief und seine Panik will nicht weichen. Der Zug hält. Leute schieben sich raus und wieder rein, sie fahren weiter. Er kontrolliert noch einmal das Ticket, die Unsicherheit verlässt ihn nur langsam. Dann erneut die vertraute Stimme. „Liebe Fahrgäste in Kürze erreichen wir Frankfurt am Main Hauptbahnhof, für Reisende in Richtung Stuttgart…“, er hört nicht mehr hin, weiß nur, dass er jetzt aussteigen muss. Mantel überstreifen, Koffer von der Ablage hieven, den anderen Koffer hervorholen, Mantel schließen, langsam zur Tür drängeln mit den anderen Fahrgästen, Monotonie, fast mechanisch der Ablauf. Er kramt in seiner Tasche, zieht das Päckchen Kippen hervor. Der Zug fährt ein. Er ist zu weit hinten eingestiegen. Aussteigen. Kippe anzünden. Tief inhalieren. Ausatmen. Die Glut in der Dunkelheit betrachten. Hinter den Gleisen die Silhouette der Stadt. Nacht. Erneutes tiefes Inhalieren. Ausatmen. Zur Ruhe kommen, zwischen Zuggeräuschen, Durchsagen, Menschengetümmel, Freudengemurmel, Autohupen. Inhalieren, atmen. Und von vorn.


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